Haushaltsrede 2025 2. Februar 20252. Februar 2025 von Karlheinz Treiber (gekürzte Fassung) Sehr geehrter Herr Bürgermeister Gänshirt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, sehr geehrte Vertreter der Presse, sehr geehrte Gäste! 17,5 Millionen Euro sind für das Großprojekt Bau einer Trainingshalle, Sanierung der Sachsenhalle und Neubau einer Energiezentrale auch für die Grundschule eingeplant. Die Trainingshalle bewegt sich in dem veranschlagten Rahmen von 3 Millionen Euro; das Gesamtpaket macht den Kohl fett. Wenn man sich dann noch klarmacht, welche Summen in die Kanalisation versenkt werden und was noch an dringlichen Sanierungsmaßnahmen ansteht, dann kann einem schon mal schwindelig werden. Der gegenwärtige Haushalt wird mit einer schwarzen Null abgeschlossen, wir haben als einen ausgeglichenen Haushalt, bei dem die Ausgaben die Einnahmen nicht übersteigen. So schlecht stehen wir also nicht da: Eine Neuverschuldung wird es trotz des Haushaltsdefizits von 2,7 Millionen Euro nicht geben. Wir konnten unsere Einnahmen z.B. bei der Gewerbesteuer kontinuierlich steigern. Da die Kreisumlage jetzt doch niedriger angesetzt wird als geplant, wird das Ergebnis etwas besser ausfallen. Dazu haben wir eine Ergebnisrücklage von 25 Millionen Euro. Wir sind also liquide. Nach der jüngsten Umfrage des baden-württembergischen Städtetags schließen 87 Prozent der Städte im Land für 2025 mit einem negativen Ergebnis ab; 2024 waren es noch 75 Prozent. 70 Prozent aller Gemeinden in Baden-Württemberg bekommen diese schwarze Null nicht mehr hin. Sie, Herr Bürgermeister, beklagen, dass die Schere von Einnahmen und Pflichtaufgaben immer weiter auseinander geht. Das Land fordert, die Zeche zahlen wir – dieses Klagelied höre ich schon seit über 20 Jahren. Schon Werner Oeldorf forderte regelmäßig zu den Haushaltsdebatten eine sachgerechte und angemessene Finanzausstattung durch Bund und Land. Ich erinnere mich noch an einen Ministerpräsidenten Günter Oettinger von der CDU, der in Koalition mit der FDP große Wahlversprechen abgab, die Zeche für Kinderbetreuung, Schulausstattung und anderes jedoch zum größten Teil auf die Kommunen abwälzte. „Wer bestellt, bezahlt.“ Das Konnexitätsprinzip stellt klar, dass das Land keine Aufgabe ohne einen entsprechenden Ausgleich auf die Kommune übertragen darf. Es ist legitim, zu überprüfen, ob das noch gilt. In der Tat sehen wir umfangreiche Mittelzuweisungen durch Bund und Land: Der Bund unterstützt die Kommunen unter anderem mit dem 5 Mrd.-Entlastungspaket, für die vollständige Entlastung im Alter und bei Erwerbsminderung, für Unterkunft und Heizung, für den ÖPNV, mit drei Sondervermögen für den Ausbau der Kitas, für Ganztagsbetreuungsangebote an Grundschulen und Schuldigitalisierung. Daneben gibt es das Kommunalinvestitionsfördergesetz für die Schulsanierung, die Bundesmittel zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, den Städtebau- und Wohnungsbauförderungsfonds, die Klima- und Transformationsfonds und die Asylpauschale. Auch vom Land fließen umfangreiche Mittel an die Kommunen: Allein mit der Erhöhung des Volumens des Kommunalen Investitionsfonds um rund 393 Millionen Euro 2025 und um weitere rund 127 Millionen Euro 2026 investiert das Land in Bildung und Infrastruktur vor Ort. Schulen, Krankenhäuser, Wasser und Abwasser sowie Umweltprojekte stehen im Fokus. Mit 21,9% am Haushaltsvolumen werden 29,6 Milliarden Euro für die Bildung ausgegeben. Für den Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen stehen in den Jahren 2024 bis 2029 insgesamt bis zu 861,3 Millionen Euro zur Verfügung. 110 Millionen Euro gibt es 2025 für die Fortführung des Jugendtickets. Das Integrationsmanagement vor Ort wird weiterhin mit 58 Millionen Euro gefördert. Jammern gehört zum Handwerk, doch wir sollten auch klarstellen: Was die kommunalen Zuwendungen betrifft, war es noch nie so gut wie jetzt. Die kommunalen Zuwendungen der derzeitigen Landesregierung sind die höchsten Zuschüsse in der Geschichte Baden-Württembergs. Haushaltsanträge Frühzeitig hatten wir als GLH uns Gedanken über Haushaltsanträge gemacht. Dann kam der Vorschlag aus der Verwaltung, in diesem Jahr auf Anträge zu verzichten. Dass die vor uns liegenden Sanierungs- und Bauprojekte kaum Spielraum für weitere Gestaltungsmöglichkeiten lassen, war uns klar. Klar war uns aber auch, dass es Dinge gibt, die eher kreativ als budgetträchtig angegangen werden können und deshalb nicht unter den Tisch fallen dürfen. Insofern haben wir dem Vorschlag auf Antragsverzicht nicht von vornherein zugestimmt. Wir wollten den Haushaltsentwurf abwarten und sehen, ob die uns wichtigen Punkte enthalten sind. Neben den allgemeinen Grundaufgaben wie Sachsenhalle, Kanalsanierung und Regenrückhaltebecken ging es uns auch um die Punkte, die wir schon in den letzten Jahren auf der Agenda hatten: Der Spielplatz für Jugendliche „Im Großen Garten“ wird geplant; wir würden es sehr begrüßen, wenn auch die Auftragsvergabe noch 2025 erfolgen könnte. Die Alte Villa in Leutershausen zeigt sich in einem neuen Glanz. Nach der Außensanierung muss es jetzt auch an die Innensanierung gehen. Bei der Erweiterung der Grundschule Großsachsen muss die Betreuungssituation verbessert werden. Bei der energetischen Sanierung der Alten Schule in Großsachsen hätte man den Dachboden schon zu diesem Winter hin dämmen können. Dass dies kein Hexenwerk ist und als Sparmaßnahme viel bringt, haben wir mehrfach klargemacht. Immerhin ist die Alte Schule jetzt in ersten Schritten für 2025 im Haushalt drin, und vielleicht sind auch eine PV-Anlage und ein hydraulischer Abgleich noch möglich. Wir begrüßen die weitergeführte Förderung von Balkon-PV-Anlagen. Hiermit greift Hirschberg seinen Einwohnern unter die Arme, um im Kleinen Maßnahmen zum Klimaschutz durchzuführen. Wichtig ist der Komplex Sachsenhalle: Hier kann Hirschberg zeigen, was state-of-the-art ist, um Gebäude klimaneutral und fossilfrei mit Energie zu versorgen. Wir sehen diese Maßnahmen als wichtigen Baustein, um das Klimaschutzkonzept mit Leben zu füllen. Wie Sie, Herr Bürgermeister, immer betonen, müssen wir bei den konkreten Maßnahmen die Wirkung auf den Klimaschutz im Blick haben und aktiv umsetzen. Klimaschutz im Verkehrssektor hingegen ist für eine Gemeinde ein schwieriges Unterfangen. Das Mobilitätskonzept wird uns da hoffentlich Wege aufzeigen. Insofern unterstützen wir natürlich auch die Parkraumkonzepte und den Ausbau der Fahrradinfrastruktur und die geplanten Fahrradständer an der Alten Synagoge in Leutershausen, der Alten Turnhalle in Großsachsen und an unseren Schulen in beiden Ortsteilen. Bei der Umsetzung des Fußverkehrs-Checks für Leutershausen erhielten wir Beratung vom Land. Bei den Workshops fanden sich Menschen aus der Bürgerschaft ein, um Ideen einzubringen. Wir müssen den Menschen jetzt zeigen, dass diese Ideen auch umgesetzt werden. Und wir müssen das Konzept auf Großsachsen erweitern und auch dort unter Beteiligung der Bürgerschaft Verbesserungen einleiten. Der dritte „große Brocken“ im Klimaschutzkonzept ist der Komplex der Wärmeversorgung. In diesem Zusammenhang wurden einige von der Ankündigung der MVV, das Gasnetz bis 2035 abzuwickeln, kalt erwischt. Wir wünschen uns daher, dass die jetzt anlaufende kommunale Wärmeplanung aktiv begleitet und nicht nur als Aufgabe eines „Gemeindekonvois“ wahrgenommen wird. Klar ist, dass diese Wärmeplanung erst der Anfang sein wird, und dass uns die Zeit bis zur Umsetzung konkreter Maßnahmen sehr schnell durch die Finger rinnen kann. Für Planungs- und Beratungskosten ist im kommenden Haushalt ein großzügiges Budget enthalten. Dieses Budget ist nicht konkret einzelnen Projekten zugeordnet. Aus diesem Budget können die uns wichtigen „Planungsleistungen“ bestritten werden: Schon 2024 beantragten wir einen Workshop zur Gestaltung der Ortsmitte in Leutershausen. Die Überarbeitung der bisherigen Bebauungspläne dienten der innerörtlichen Wohnraumgewinnung. Auch hierbei könnten weitere Bebauungspläne diesbezüglich überarbeitet werden. Die bisherigen Parkraumkonzepte waren sinnvoll und können um weitere Straßenzüge erweitert werden. Der Haushaltsentwurf macht mit den eingestellten Mitteln das möglich, was uns wichtig war. Das Planungsbudget ohne konkrete Projektangaben gibt uns die Möglichkeit, weiterführende Anträge über das Haushaltsjahr verteilt einzubringen. Insofern sind wir einvernehmlich mit allen Fraktionen damit einverstanden, auf Haushaltsanträge zu verzichten. Brauchen wir Neubaugebiete für Wohnen und Gewerbe? Sie, Herr Bürgermeister, sehen die Notwendigkeit eines Neubaugebietes auch in der Tatsache begründet, dass wir in Hirschberg rückläufige Einwohnerzahlen haben. Doch wir sehen in diesem geringfügigen Rückgang nichts Dramatisches. Wir haben viel in eine altersgerechte Wohnsituation investiert, also ist auch das Durchschnittsalter in unserer Gemeinde hoch und damit auch die Sterblichkeitsrate höher als die Geburtenrate. Die rückläufigen Kinderzahlen sind marginal und entsprechen dem Bundestrend. Laut Zensus haben wir hier in Hirschberg 223 leerstehende Wohnungen. Davon stehen 135 schon mindestens seit 12 Monaten leer. Von denen könnten 22 innerhalb von 3 Monaten bezogen werden, bei 46 gibt es laufende oder geplante Baumaßnahmen, 5 werden gerade verkauft, 22 in Zukunft selbst genutzt, und bei 40 ist es ein „sonstiger Grund“, was nach künftiger Selbstnutzung klingt. Es gibt aber auch Menschen, die haben einfach keinen Bock mehr zu vermieten, weil sie schlechte Erfahrungen mit Mietern gemacht haben. Es mangelt also nicht an Wohnraum, es mangelt an bezahlbarem Wohnraum. Und wie wir einen solchen bezahlbaren Wohnraum angehen wollen, darüber müssen wir uns erst einmal Gedanken machen, bevor wir die Schippe in die Hand nehmen. Für das Moro-Bundesprogramm für flächensparendes Bauen wurden wir als Modellkommune ausgewählt; wir sind gespannt auf die Ergebnisse, die wir zum Jahresbeginn bekommen werden. Dabei sollten wir aber auch eines berücksichtigen: Wir dehnen uns nicht wie Dossenheim von der Bergstraße bis zum Neckar aus, wir haben keine ausgedehnten feuchten Sandböden wie in Heddesheim, die für die Landwirtschaft nur bedingt geeignet sind. Unser Siedlungsgebiet beginnt am Ortsschild von Leutershausen und endet am Ortsschild von Großsachsen. Die dazwischen liegenden freien Flächen bestehen aus fruchtbaren Ackerböden. Da sollte man schon kreativ denken, damit die attraktive Wohnlage auch weiterhin attraktiv bleibt und wir sie nicht zupflastern. Schon der gesunde Menschenverstand sagt: Die Erschließung von Neubaugebieten und die Erweiterung von Gewerbeflächen sind keine Allheilmittel. Auch uns als GLH ist klar, dass ein solches Neubaugebiet erfolgreich vermarktbar sein wird. Doch Erschließung und Unterhalt der Infrastruktur – Straßen und Kanäle, Kindergarten- und Grundschulplätze – kosten viel Geld, insofern sind Grund- und Gewerbesteuer nur Mittel, um den Laden am Laufen zu halten. Ähnlich sieht es bei Gewerbeflächen aus. „Gewerbeerweiterung ohne weitere Gewerbeflächenerschließung“ war das Motto von Christoph Kiefer, als er sich 2019 um ein Gemeinderatsmandat bewarb. Die Idee war und ist gut. Trendige Startup- Unternehmen, die Büroflächen gemeinsam nutzen, gibt es. Sie schaffen Arbeitsplätze und generieren Steuereinnahmen. Wenn ich sie im Ort platziere, beleben sie die Mitte und beflügeln die Ansiedelung weiterer Gewerbe. Das ehemalige Feuerwehrhaus in Leutershausen, vielleicht auch die Schillerschule bieten sich dafür an. Denn es sind die Gewerbetreibenden und Mittelstandsbetriebe im Ort, die uns gesicherte Steuereinnahmen gewährleisten. Bereits heute ist absehbar, dass es schwierig wird, die finanziellen Engpässe in Anbetracht der anstehenden Großprojekte zu meistern. Daran wird sich auch in den Folgejahren nichts ändern. Wir haben im vergangenen Jahr das 75-jährige Jubiläum unseres Grundgesetztes gefeiert. Leider scheinen viele demokratische Verhaltensregeln in der Gesellschaft und auch teilweise in der Politik nicht mehr selbstverständlich zu sein. Umso erfreulicher ist es, dass wir in Hirschberg bisher einen konstruktiven und wertschätzenden Umgang miteinander pflegen. Wir hoffen, dass ein respektvolles Miteinander auch in der Zukunft möglich sein wird, wenn kontroversere Entscheidungen anstehen. Wir danken Frau Keil und allen, die in der Verwaltung an der Erstellung des Haushaltplans 2025 beteiligt waren, für die gute und professionelle Arbeit in schwierigen Zeiten. Dem Haushaltsplan und der Haushaltsatzung und dem Jahresabschluss des Eigenbetriebs Wasserversorgung stimmen wir zu.